Haushaltsentwurf 2022
Von der Kunst des Aufhörens
Mit den Endlichkeiten unserer Ressourcen Boden, Wasser und Luft verhält es sich wie mit der Endlichkeit der allgemeinen Rücklage im Haushalt der Stadt Xanten.
Ohne nachhaltiges Wirtschaften ist alles bald weg. Der Grundsatz der Nachhaltigkeit zählt weder im Großen und Ganzen noch in unserer Kleinstadt.
Wir sind pleite und wehren uns standhaft, diesen Umstand zur Kenntnis zu nehmen. Die Ausgleichsrücklage ist seit 2019 aufgebraucht. Seitdem greifen wir die letzte Reserve an: die allgemeine Rücklage. Wir sind im allerletzten Fach unseres Portemonnaies angekommen.
Das Haushaltssicherungskonzept (HSK) kommt, wenn Schwellenwerte aus dem Ergebnisplan und der Ergebnisrechnung überschritten werden, so will es die Gemeindeordnung. „Pleitesein“ knüpft also nicht an den Finanzplan oder die Finanzrechnung, sondern an den Ergebnisplan oder die Ergebnisrechnung an. In Xanten versucht man die Schwellenwerte, die in ein HSK führen werden, vor allem mit dem Verkauf von Bauland zu unterschreiten.
Der Finanzplan ist ein Vorbote, der ahnen lässt, dass es dem Ende zugeht. Der Leitfaden zur Haushaltssicherung des Landesministeriums aus 2009 richtet den Scheinwerfer mit seinen Prüfpunkten deshalb auch auf den Finanzplan und führt aus, dass der „Saldo aus der laufenden Verwaltungstätigkeit“ ausreichend sein muss, um die Auszahlungen zur planmäßigen Tilgung aufgenommener Darlehen zu decken. Die Gemeinde hat als Ziel zur Haushaltssicherung auch eine Konsolidierung ihrer Liquiditätslage mit Nachdruck zu verfolgen.
Im Xantener Haushaltsplan 2022 klafft an dieser Stelle eine Lücke in Höhe von 3,8 Millionen (3.786.114) Euro. Diese Lücke lässt ahnen, dass man um ein HSK in naher Zukunft nicht herumkommen wird. Anstatt aber Anstrengungen zu unternehmen, um diese Lücke zu schließen, wird sie durch die Kreditaufnahmen für großartigste Neubauprojekten in den nächsten Jahren kaum noch zu klammern sein.
Eine Mehrheit im Stadtrat hat im Herbst 2021 den Neubau eines Gymnasiums für € 38 Mio. und den Neubau einer Dreifachturnhalle für € 10,5 Mio. beschlossen. Die 52 Millionen, die zur Leistung von Investitionsauszahlungen in den nächsten Jahren für Gymnasium und Dreifachturnhalle erforderlich sind, sollen als Verpflichtungsermächtigung mit der Haushaltssatzung 2022 verabschiedet werden. Eine Kooperation zwischen den Schulen in räumlicher Hinsicht wird nicht mehr verfolgt. Mit dem Verkauf von Äckern und Wiesen zur Bebauung soll der Haushalt saniert werden. Völlig aus der Zeit gefallen und gegen den Rat von Stadtplanern werden immer neue „Marmeladenbrotsiedlungen“ aus Einfamilienhäusern in die Landschaft gepflanzt, selbst im Außenbereich. In einer Situation, in der der Finanzplan längst vor die Wand gefahren ist, gibt es in Xanten nur ein „weiter so“. Es fehlt die Kunst des Aufhörens, Weglassens, Renovierens und Reparierens.
Wir als Grüne machen bei den beschlossenen Großprojekten und einer Wohnbaupolitik zur Sanierung des Haushaltes nicht mit. Wir lehnen es ab, zur Sanierung eines Haushalts weiterhin Xantens Naturflächen zu verbrauchen. Wir lehnen es ab, Mittel in Höhe von 2,7 Mio zum Aufkauf neuer Flächen zwecks Baulandgewinnung freizugeben.
Nicht nur beim Bergsteigen ist die Kunst des Aufhörens überlebenswichtig. Mit einem „Weiter wie bisher!“ kommen wir weder durch dieses Jahrhundert der ökologischen Katastrophen noch durch die Finanzklemme des städtischen Haushaltes im nächsten Jahrzehnt.
Die antike Tempelinschrift „Nichts im Übermaß“ gilt nicht für den Investitionsplan in unserer Colonia Ulpia Traiana. Das rechte Maß ist uns abhandengekommen. Wir plädieren beim Investieren für Nachhaltigkeit, für das rechte Maß innerhalb ökologischer Grenzen, damit die Entfaltungschancen der nachfolgenden Generationen nicht irreversibel eingeschränkt werden.
Wir lehnen den Haushaltsplan 2022 ab.
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
im Xantener Stadtrat